Wann ist es Zeit zum lüften ?

      Wann ist es Zeit zum lüften ?

      ich beschäftige mich seit kurzem mit Hausautomatisierung mittels dem System HOMEMATIC.
      Ein Teil davon soll die Anzeige zur Lüftung der entsprechenden Zimmer werden.
      Im Netz finde ich viele, mir viel zu wissenschaftliche, Ausführungen zur Ermittlung der
      Lüftungsnotwendigkeit. Auch in dem Thread auf wetterstationen.info wird es mir zu wissenschaftlich.
      Ich möchte keine kälteste Ecke im Zimmer o. ä. messen, ich Suche eine grobe Faustformel zur Ermittlung
      ob Lüftung notwendig ist oder Schimmelbildung im Zimmer droht.

      Meine Innensensoren zeigen ja neben der relativen auch die absolute Luftfeuchte an.
      Vielleicht kann ich damit etwas machen ?
      Die übrigen Messgeräte kann man ja fast vergessen.
      Bei einem ist es ein Comfort-Index, das nächste zeigt mir ständig zu feucht an.
      Warme Luft kein mehr Feuchtigkeit aufnehmen, aber wie kann ich das für eine "überschlägige Betrachtung" bewerten ?

      Hat jemand Ideen für eine einfache Ermittlung nachfolgender Zustände:

      1. Zimmerfeuchtigkeit in Ordnung
      2. Zimerfeuchtigkeit zu hoch (in Anhängigkeit vom Außenklima kein Lüften empfohlen)
      3. Lüften empfohlen (Außenklima läßt Lüftung zu)
      4. Gefahr: Schimmelbildung

      Meine, zugegebene recht vereinfachten, ersten Ansätze dazu:

      1. rel_F < 60 % (welche Rolle spielt hierbei die Temperatur ?)
      2. rel_F >60 %, rel_F_Außen ist höher
      3. rel_F >60 %, rel_F_Außen ist tiefer
      4. rel_F > 80 %





      Hallo Dirk,

      Relative Feuchten (rF), zu denen verschiedene Luft-Temperaturen gehören, kann man überhaupt nicht sinnvoll vergleichen. Winterliche Außenluft (+5 °C und 95 % rF) ist trockener als die typische Innenraumluft im Winter (+20 °C und 40 % rF)!

      Kleine Anmerkung: die sogenannte „absolute Feuchte“ ist leider auch nicht absolut, aber der Fehler, den man beim Vergelichen macht, hält sich in Grenzen.

      Der Punkt: kein Lüften wegen Außenklima reduziert sich in vielen Fällen auf kalte Räume (Keller und ähnliche Räume) und warme Frühjahrsluft.
      (Aber ein Vergleich der Feuchten ist sinnvoll)

      Zu deiner Frage „Welche Rolle spielt hierbei die Temperatur?“ Geh mal auf meine Rechner-Seite hygrothermik.de/online-feuchterechner und spiel ein bisschen mit den Werten. Temperatur und rel. Feuchte eingeben, Button "Werte absenden anklicken", Nächste Spalte "Eingabe öffnen anklicken", wieder Werte eingeben, dabei nach Belieben Temperatur oder rel. Feuchte höher oder niedriger ansetzen. Nächste Spalte usw. Einfach mal angucken, was beim Spielen für Werte heruaskommen, da bekommt man einen gewissen Begriff davon, was Temperatur und rel. Feuchte bewirken.

      Die dir bekannte „absolute Feuchte“ in g/m³ heißt bei mir „Wasserdampfkonzentration“ in g/m³. Etwas besser zum Vergleich der absoluten Feuchten ist z. B. die spezifische Feuchte in g/kg geeignet.

      Du kannst auch die Seite hygrothermik.de/online-lueftungsrechner benutzen, zu der es eine Anleitung gibt:
      hygrothermik.de/index.php/arbeit-mit-dem-lueftungsrechner .
      Ich weiß zwar gerade nicht so genau, wo Du hin willst, gebe aber mal meinen Senf dazu:

      Sprite01 schrieb:

      Ich möchte keine kälteste Ecke im Zimmer o. ä. messen, ich Suche eine grobe Faustformel zur Ermittlung
      ob Lüftung notwendig ist oder Schimmelbildung im Zimmer droht.

      Das kannst Du auch grob nur bei Dir zuhause für jeden einzelnen Raum bestimmen. Mal simpel ausgedrückt: Schimmel droht dann, wenn irgendwo an der Wand der Taupunkt erreicht wird. Hast Du im Schlafzimmer eine schlecht isolierte Wand und die eventuell noch zugestellt, kondensiert das Wasser bei Erreichen des TP an der Wand und irgendwann wächst dann der Schimmel. Also musst Du wissen, wann das bei welcher Außentemperatur, Innentemperatur und Feuchte der Fall ist. Bei den 14,9°C und 59% LF ist das bei 7-8°C der Fall. Da besteht bei den derzeitigen Außentemperaturen kaum Gefahr, selbst bei schlecht gedämmter Wand.
      Morgens sollte man Schlafzimmer immer ordentlich durchlüften, damit der von den Schlafenden ausgeschiedene Wasserdampf aus dem Zimmer kommt und frischer Sauerstoff rein.
      Bei welcher LF Du Dich wohlfühlst musst Du selbst wissen. Feuchter ist besser und angenehmer. Jedes Lüften in Winter bei angeschalteter Heizung macht die Luft im Haus trockener, kann also auch zuviel werden.
      Wenn Du Zeit hast kannst Du Deine Hauswände bei u-wert.net/berechnung/u-wert-rechner/ mal durchrechnen. Dort gibt es dann Hinweise, wie groß die Gefahr von Schimmelbildung ist. Ich habe das mal für meine normale Ziegelwand gerechnet:
      regionalwetter-sa.de/forum/ind…2b123e20899b4b05ba1088603

      Bei -10°C Außentemperatur wird es schon gefährlich, aber da hilft dann wirklich mehr Lüften. Gibt zwar innen trockene Luft, aber Schimmel ist sicher schlimmer.
      Dirk,
      wenn du ernsthaft wissen willst, ob Schimmelpilzbefall droht, kommst du um eine Messung der kältesten Ecke(n) im Zimmer bzw. in der Wohnung nicht herum. Aus der Feuchte der Raumluft allein kann man nichts Verläßliches ableiten.

      Es ist aber wiederum nicht nötig, die jeweils aktuellen Werte zu ermitteln. Es reicht, wenn du die typischen Schwachstellen (Wärmebrücken) ermittelst, solange du nicht umbaust, bleiben die immer gleich. Eine Wärmebrücke ist ein Bereich, durch den deutlich mehr Wärmeenergie durchfließt, als ringsum. Das kann am Material liegen (Metalle oder Beton leiten die Wärme bekanntermaßen viel besser, als eine Mauerwerkswand) oder, bei homogenem Material auch an dessen Formgebung (Fensternische, Außenecke usw. "geometrische Wärmebrücke").

      Die typischen kältesten Stellen liegen im EG an nördlichen Außenecken im Fußbodenbereich (kalter Keller darunter) oder im OG Außenecke oben (kalter Dachboden drüber und/oder Betonringanker auf der Mauer) oder in Fensterleibungen ("kurzer Weg" nach draußen). Solche Temperaturen hängen natürlich von der jeweiligen Außentemperatur ab, die du gut kennst (natürlich auch von der Raumtemperatur, die ja aber meist nicht groß schwankt). Wenn du da ein bisschen gemessen hast, weißt du einfach, dass z. B. bei - 5 °C außen sich in der und der Schlafzimmerecke eine Innentemperatur der Oberfläche von + 10 °C einstellt. (Wichtig ist auch noch, dass eine Temperaturmessung der Luft an der Wand normalerweise keine Oberflächentemperatur ergibt!)

      Knolaus Beitrag ist noch zu ergänzen: du kannst schon Schimmelbefall bekommen, wenn nirgendwo Tauwasser angefallen ist. Ohne jede Taupunktsunterschreitung reicht es, wenn so ein Wandfleckchen mehrere Wochen Wasseraktivität von 0,8 oder mehr hat. Das entspricht einer relativen Feuchte der Grenzluftschicht von 80 % und ist etwas ganz anderes, als die rel. Luftfeuchte im gleichenRaum. Du kannst sie im Normnalfall nicht messen, sondern nur berechnen. Und genau dazu musst du wissen, auf welche Temperatur die kritische Ecke abkühlt.
      Danke für den Hinweis. Dass die Pilze schon bei >80% LF wachsen können ist mir gestern beim Berechnen der Wandtemperatur aufgefallen, war dann aber zu beschäftigt, um das noch zu ergänzen.

      Zum Messen der Wand habe ich mir ein Infrarotthermometer gekauft, als es das mal als Sonderangebot zu einer Bestellung dazu gab. Im letzten Winter habe ich so einige Stellen gefunden, an denen Schimmel bei mangelnder Luftzirkulation entstehen könnte.
      Ja, ein IR-Thermometer ist grundsätzlich gut geeignet, um kritische Wandbereiche zu "scannen". Allerdings ist es immer gut, die Genauigkeit und den Öffnungswinkel im Blick zu behalten. Auch verschiedene Emissionsgrade verschiedener Materialoberflächen können zu falschen Werten führen.

      Gerade kostengünstige Geräte haben oft ein Öffnungsverhältnis von 1 : 1. Wenn du dann aus 40 cm Entfernung die Wandecke misst, bekommst du einen Temperaturdurchschnitt des Messfeldes, das etwa 40 cm Durchmesser hat, geliefert. Wenn darin dann ein Streifen von 5 cm Breite zu kalt ist, kannst du das an der Anzeige nicht sehen.

      Man muss also im Zweifel ganz nahe rangehen und man macht besser einen Abgleich mit einem "genauen" Thermometer.

      Das könnte man vielleicht so machen: in eine dichte Styrobox mit Deckel oder ein anderen gut wärmegedämmten Behälter ein "genaues" Thermometer und einen Pflasterstein legen, wenn du hast, zusätzlich geeignete Materialproben (ein Stückchen Putz mit Wandfarbe und oder Tapete, ein Stück Holz). Das Ganze 24 Stunden oder länger in einer Ecke mit einigermaßen gleichmäßiger Temperatur stehen lassen (nicht neben einer Wärmequelle, keine Sonne usw.). Dann sollte der gesamte Inhalt die gleiche Temperatur haben. Den Deckel vorsichtig abheben und dann sofort das Thermometer ablesen, zügig die Materialproben mit dem IR-Thermometer messen. Ergänzend noch den Innenoberflächen der Box messen und den Pflasterstein, und ein bisschen beobachten, wie schnell sich ggf. die Temperaturen verändern.

      Wenn das IR-Thermometer dann gleiche Temperaturen auf den verschiedenen Proben anzeigt und das auch noch mit dem Vergleichstermometer übereinstimmt, kannst du dich glücklich schätzen, wenn nicht, kannst du wahrscheinlich den Fehler einschätzen, schlimmstenfalls auch das IR-Thermometer als unbrauchbar einstufen.

      Der Pflasterstein stellt nur eine wärmeträge Masse dar, man kann auch eine große Wasserflasche reinpacken oder sonst etwas Geeignetes.
      Das wird ja schon wieder wissenschaftlich 8)

      Ich kenne Vorteile und Schwächen dieser Thermometer. Öffnungswinkel ist ja angegeben, der Laserpunkt eher eine grobe Orientierung. Wenn ich Wände mit gleicher Oberfläche messe, kann ich die Temperatur gut vergleichen, dafür braucht man keine aufwendige Kalibrierung. Innenwand zum gleich warmen Nachbarzimmer als Referenz, und schon kann ich die Temperatur an der Außenwand richtig einordnen. Die kälteste Stelle nehme ich dann zur Berechnung der Grenzwerte, wo Lüften unbedingt Not tut. Zumindest theoretisch, denn meistens lüfte ich mehr als nötig. Außerdem ist mein Haus undicht, lüftet sich quasi automatisch 8o
      Dein Abgleich an einer Innenwand ist sicherlich ein guter und einfacher Ansatz, wenn man weit genug von der Außenwand weg ist.

      (Na klar, "wissenschaftlich" ist vor allem, die eigenen Messwerte immer kritisch zu betrachten.
      Werten zu glauben, die falsch sind, ist meist gefährlicher, als gar keine Werte zu haben, weil man im letzteren Fall sich der Unsicherheit bewusst ist.)

      Ich habe in den letzten Jahren viel Temperaturmessungen durchgeführt und war oft erstaunt über die Ergebnisse und habe auch gesehen, wie viele Möglichkeiten es gibt, Fehler zu machen.